Medizin und Philosophie vereint?

BKT IX 42 (P. 21141)

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Vernunft im Kopf, Tapferkeit im Herzen, Begierde in der Leber – der berühmte antike Arzt Galen versucht, eine Brücke zwischen hippokratischer Medizin und platonischer Philosophie zu schlagen. In der Berliner Papyrussammlung hat sich ein kleines Fragment aus diesem großen Werk erhalten.

Dieses kleine Papyrusfragment mit Resten von vier Zeilen auf der Vorderseite und fünf Zeilen auf der Rückseite gehört zum unteren Rand eines Kodexblattes von dem sich weitere Fragmente in der Bayerischen Staatsbibliothek in München erhalten haben. Das Berliner Fragment lässt sich direkt an das Münchener Fragment anpassen. Aufgrund des recht unterschiedlichen Erhaltungszustands der beiden Fragmente kann man annehmen, dass sie schon in der Antike getrennt wurden. Ursprünglich hatte es auf beiden Seiten einen Schriftspiegel, dessen Höhe doppelt so groß wie die Breite war.

Das Kodexblatt enthält eine Abschrift von Galens Schrift „Über die Lehrmeinungen des Hippokrates und des Platon“ (Kapitel 88, 29–31 und 90, 20–22 auf dem Berliner Fragment). Der aus dem kleinasiatischen Pergamon stammende Arzt Galen verfasste dieses Werk in neun Bücher zwischen 162 und 176 n. Chr. in Rom. Aufgrund seiner eigenen Bemerkungen zu diesem Werk in anderen Schriften wissen wir, dass Galen die ersten sechs Bücher zwischen 162 und 166 n. Chr. in Rom im Auftrag des ehemaligen Konsuls und späteren Statthalters der römischen Provinz Syria Palaestina Titus Flavius Boethus, der großes Interesse an seinen medizinischen Forschungen hatte. Galen begleitete ihn in seine Provinz. Nach seiner Rückkehr im Jahre 169 n. Chr. verfasste er die letzten drei Bücher dieses Werkes.

Interessant ist nun, das die Abschrift auf den Papyrusfragmenten in Berlin und München, die im mittelägyptischen Eschmunen, dem antiken Hermupolis, gefunden wurde, aufgrund der Schrift in die erste Hälfte des 3. Jh. n. Chr. datiert werden kann. Damit ist sie eine der ältesten Zeugnisse eines Werkes von Galen und liefert somit wertvolle Hinweise auf die ursprüngliche Gestalt des Textes.

Als Anhänger der Lehren des großen und berühmten griechischen Arztes Hippokrates von Kos setzt sich Galen in diesem Werk mit dessen Lehren auseinander und vergleicht sie mit den Vorstellungen über die Beschaffenheit der Seele des griechischen Philosophen Platon. Dabei geht es Galen gar nicht darum Philosophie und Medizin gegeneinander auszuspielen und die Richtigkeit der einen Fachrichtung zu beweisen. Vielmehr zeigt er, dass er den Aussagen des Philosophen und des Arztes in allen Punkten zustimmt. Sein Ziel ist der Nachweis, dass die Aussagen des Arztes Hippokrates und des Philosophen Platon übereinstimmen können. Er versucht, die recht abstrakten Meinungen Platons ganz konkret in die menschliche Physiologie einzupassen, die bei ihm auf den Vorstellungen des Hippokrates aufbaut.

So wundert es dann auch nicht, dass wir in den wenigen Resten, die sich auf den Papyrusfragmenten erhalten haben, Galens Beschreibung der Arterien in den unteren Bereichen des Körpers und der Beine lesen können, auch wenn die Verbindung zu den metaphysischen Vorstellungen Platons unklar bleiben muss, weil sich diese Textpassage nicht mehr erhalten hat.

Galen behauptet in seinen anderen Schriften, dass seine Werke zu seinen Lebzeiten bereits in vielen Provinzen des römischen Reiches gelesen wurden. Das mag eine Übertreibung und Bestätigung seines eigenen Stolzes sein. Die Fragmente in Berlin und München stammen allerdings aus dem römischen Hermupolis in Mittelägypten und aus einer Zeit kurz nach dem Tod des Arztes. Sie mögen somit vielleicht die Aussagen Galens nicht unbedingt bestätigen. Sie zeige allerdings, dass seine Werke durchaus nicht nur in den großen kulturellen Zentren der römischen Welt wie Rom, Alexandria etc. rezipiert wurden, sondern viel weiter auch im Hinterland Verbreitung fanden.

Dieser Papyrus mit einem Ausschnitt aus Galens Werk war in der Ausstellung „Au temps de Galien. Un médicin grec dans l’empire romain“ im Musée royal de Mariemont in Morlanwelz in Belgien zu sehen.

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Alles, was man über die Ehe wissen muss

BKT V.2, S. 123–128, Nr. XX A (P. 9772)

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Wie kann man sich ein Bild davon machen, was die Griechen über die Ehe dachten? Man schaut am besten in die Anthologien! Eine Anthologie ist eine Sammlung ausgewählter Passagen literarischer Werke von einem oder mehreren Autoren. Griechische Papyri haben uns mehrere solcher Sammlungen geliefert, die oft sonst unbekannte Literatur ans Licht bringen. Dazu gehört auch der hier vorgestellte Papyrus.

Dieser Papyrus, von dem zwei Fragmente erhalten sind, wurde 1901 von Otto Rubensohn auf dem ägyptischen Antiquitätenmarkt für die Berliner Papyrussammlung erworben, aber wir wissen nicht, wo genau er gefunden wurde. Paläographisch lässt er sich auf das 2. Jahrhundert v.Chr. datieren.

Der Papyrus ist unter materiellen Gesichtspunkten sehr interessant. Die Rektoseite ist ein Palimpsest: Das bedeutet, dass darauf zunächst ein Text geschrieben wurde, der später weggewaschen wurde, um einen neuen Text zu schreiben. Dies ist ein nicht sehr häufiges Phänomen bei Papyri, die in der Regel auf andere Weise wiederverwendet werden, z. B. durch Beschriftung der leer gelassenen Seite. In unserem Fall wurde der vorherige Text sehr grob abgewaschen, so dass er noch deutlich sichtbar, aber nicht mehr vollständig lesbar ist. Von dem neuen Text, d.h. der Anthologie, sind auf dem ersten Fragment Reste von zwei Spalten und auf dem zweiten Fragment vier Spalten, von denen drei intakt sind, erhalten. Auf der Rückseite des zweiten Fragments ist noch eine weitere Spalte zu lesen, was auch ein Beispiel dafür ist, wie Papyrusrollen in der Antike verstärkt oder repariert wurden: Einige Streifen eines anderen Papyrus wurden tatsächlich zu diesem Zweck daran befestigt.

Inhaltlich enthält die Anthologie Passagen aus griechischen Komödien und Tragödien, die jeweils mit dem Namen ihrer Autoren eingeleitet werden (Epicharmos, Menander, Euripides usw.). Die ausgewählten Texte, die größtenteils nur dank dieses Papyrus bekannt sind, widmen sich dem Tadel und dem Lob der Frauen und sind gnomischer Art, d. h. sie enthalten moralische Vorschriften (wie z. B. dass man einer Frau nichts sagen soll, was man geheim halten will, denn das wäre so, als würde man es allen Herolden in der Versammlung sagen, oder andererseits, dass es nichts Besseres gibt als eine gute Frau). Das allgemeine Thema, auf das sie sich beziehen, ist die Ehe, das in der griechischen gnomischen Literatur am stärksten vertreten ist.

Sowohl der materielle Aspekt des Papyrus als auch die Schrift, eine Kursivschrift, die der in zeitgenössischen Dokumenten verwendeten sehr ähnlich ist, lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass es sich um ein für den Buchhandel bestimmtes Produkt handelt. Der genaue Zweck des Sammelbandes bleibt jedoch unklar: Die Passagen könnten in Hinblick auf die Ausarbeitung einer Übung zum Thema „ob man heiraten sollte“ gesammelt worden sein, wie es in Rhetorikschulen üblich war, oder einfach für den persönlichen Gebrauch, für die private Lektüre oder zur Rezitation im Kontext eines Symposions.

Auf jeden Fall bietet der Papyrus nicht nur ein gutes Beispiel dafür, wie das Thema Ehe in hellenistischer Zeit diskutiert wurde, sondern vor allem hat er einen unschätzbaren Beitrag zu unserem Wissen über die griechische Literatur geleistet, da er einige Texte enthält, die vor seiner Veröffentlichung unbekannt waren.

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16698

P. 9769 V

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Vorgeschichte eines Weltwunders

FGrHist 533 F 2 (P. 11632)

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Wer kann schon alle sieben Weltwunder aufzählen, geschweige denn sagen, wann und warum sie errichtet wurden? Bei dem Koloss von Rhodos kann uns ein Papyrus helfen, seine Entstehung zu verstehen.

Der Papyrus wurde im Dorf Mellawi gefunden. Mellawi liegt in Oberägypten, im antiken Verwaltungsbezirk Hermopolites. 1912 wurde das Stück durch Wilhelm Schubart, der damals Leiter der Papyrussammlung war, in Mittelägypten gemeinsam mit anderen Stücken angekauft. Der Papyrus enthält einen literarischen Text in griechischer Sprache, der in das 2. Jh. n.Chr. datiert wird. Im 2. Jh. n. Chr. war Ägypten unter römischer Herrschaft.

Der Text besteht aus 2 Kolumnen mit je 24 Zeilen. Er ist eine historische Prosa und im ionischen Dialekt geschrieben. Dies könnte daran liegen, dass dieser Dialekt für historische Schriften üblich war. Diese Gattungskonvention kommt daher, dass der erste griechische Historiker, Herodot, auf ionisch schrieb. Im Text geht es um eine Episode der Diadochenkriege. Nach dem Tod Alexanders des Große 323 v. Chr. stritten sich seine Anhänger, die Diadochen, um die Vorherrschaft. In den Konflikt wurde auch Rhodos hineingezogen, worüber in unserem Stück berichtet wird.

Die Insel Rhodos mit der gleichnamigen Stadt liegt vor der Küste Kleinasiens. Es gehörte ursprünglich zum persischen Großreich, geriet dann aber unter den Einfluss Alexanders. Nach Alexanders Tod versuchte die Insel unabhängig und neutral zu bleiben. Dies ging eine Zeitlang gut, dann unterwarf der Diadoche Antigonos aber ganz Kleinasien. Durch die räumliche Nähe war Rhodos gezwungen, ihm zu helfen. Antigonos forderte mehrmals von Rhodos Unterstützung. Als diese sich weigerten und auch eine Flotte des Antigonos zurückschlugen, schickte er seinen Sohn Demetrios Poliorketes 305 v. Chr. für eine Strafexpedition nach Rhodos. Der Name Poliorketes bedeutet sehr passend Städtebelagerer.

In der ersten Phase der Belagerung schlug er sein Lager vor den Stadtmauern auf und riegelte die Stadt von der Außenwelt ab. Demetrios versuchte dann, die Mauer zu durchbrechen. 304 v. Chr. konnte er den ersten Mauerring erobern. Die Rhodier hatten allerdings einen zweiten Ring, hinter den sie sich zurückziehen konnten. Als Demetrios dann die zweite Mauer durchbrach, hatten die Rhodier schon eine dritte gebaut.

Aber auch diese konnte Demetrios an einer Stelle durchbrechen. Bevor er die Stadt komplett erobert, brach er die Belagerung ab, weil er von Griechen zu Hilfe gegen Kassander gerufen wurde. Es wurde ein Friedensvertrag geschlossen. Die Rhodier dankten ihrem Schutzpatron, dem Sonnengott Helios, indem Sie am Hafen eine Kolossalstatue errichteten. Heute ist sie als Koloss von Rhodos als eines der sieben Weltwunder bekannt. Eines der sieben Weltwunder hat also eine Belagerung als Vorgeschichte.

Die Informationen über die Belagerung von Rhodos haben wir vor allem von Diodor, der im 1. Jh. v. Chr. ein Geschichtswerk schrieb. Aber auch unser Stück stellt eine Quelle dar. Weil unser Autor und Diodor so ähnliches schreiben, ist die Frage nun, ob unser Autor von Diodor abgeschrieben hat, oder beiden gemeinsame Quellen zugrunde liegen. Weil sie sich aber im Hinblick auf Terminologie unterscheiden, ist letzteres wahrscheinlicher.

Unser Stück behandelt nur Teile der Belagerung von Rhodos. Am Anfang geht vielleicht darum, dass die Rhodier ein Gewand erbeutet haben, was die Frau des Demetrios ihm schicken wollte. Es werden nämlich königliche Dinge erwähnt. Dann geht es darum, dass die Rhodier Gefangene nicht herausgeben wollen, obwohl Demetrios ihnen Lösegeld bietet. Daraufhin kündigt er an, zukünftig auch keine Rhodier mehr freizulassen. Als nächstes wird beschreiben, wie Demetrios versucht, die erste Mauer zu untergraben. Er besticht Athenagoras von Milet, der auf Seiten der Rhodier war, ihm zu helfen. Der verrät den Plan an die Rhodier. Die Rhodier fangen also an, den Feinden entgegenzugraben und Demetrios Plan misslingt. Außerdem übergibt Athenagoras den Rhodiern einen Gefolgsmann von Demetrios, Alexander. Athenagoras wird belohnt und Alexander im letzten Moment durch Lösegeld vor der Hinrichtung gerettet.

Das Besondere am Text ist, dass es sich um einen Autographen handelt, also um die Handschrift des Autors selbst. Dies erkennt man daran, dass der Text ein Entwurf ist. Immer wieder sind Wörter durchgestrichen, teils wegen grammatikalischer Fehler, teils, weil der Autor anderer Worte wählen wollte. Wir können also dem Autor sozusagen beim Arbeiten zuschauen. Autographen haben wir nur sehr selten erhalten. Eine weitere Besonderheit ist das Word μεταλλωρύχος. Es ist ein sog. Hapax legomenon. Das heißt, dass das Wort nur an einer einzigen Stelle belegt ist.

Der erste Herausgeber des Textes, von Gaertringen, schließt seinen Aufsatz mit: „Möchte nur der ägyptische Boden noch mehr solche Funde liefern!“.

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Genossenschaftlicher Ackerbau

BGU IX 1900 (P. 11642)

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Wenn Sie sich auch schon einmal über die hohe Miete oder Pacht Ihrer Wohnung, Hauses oder Gartens geärgert haben, dann geht es ihnen im Grunde genommen nicht anderes als den einfachen Menschen im alten Ägypten. Bereits damals wurden Landestücke verpachtet. Allerdings war die Pacht für ein solches Stück Land oftmals zu hoch, um von einer einzelnen Person beglichen zu werden. Da aber auch viele der Ärmeren auf eine solche Fläche angewiesen waren, um sich selbst und ihre Familie ernähren zu können, schloss man sich zu Pachtgenossenschaften zusammen. In diesen Pachtgenossenschaften wurde das Land gemeinsam gepachtet und anschließend unter den einzelnen Mitgliedern aufgeteilt. Der Pächter durfte sein Land nutzen, um daraus z.B. als Bauer landwirtschaftlichen Gewinn zu erwirtschaften. Neben der Pacht musste allerdings ein großer Teil in Form von Steuern abgegeben. Dennoch handelte es sich für viele um die beste Möglichkeit, ihr Überleben zu sichern. Auch heute noch sind einige Listen von solchen antiken Pachtgenossenschaften erhalten. Genau solch eine Liste ist der hier vorgestellte Text.

Bei dem Papyrus handelt es sich nicht um ein gewöhnliches Blatt, sondern um eine Rolle, welche 160×23 cm groß und vollständig beschrieben ist. Der Text kam im Jahre 1912/13 durch einen Tausch aus dem Londoner British Museum in die Berliner Papyrussammlung. Geschrieben wurde der Text allerdings um 196–198 n.Chr. in Theadelpheia, einem griechischen Ort im Arsinoites, dem heutigen Faijum. Alter und Herstellungsort der Rolle konnten ermittelt werden, da im Text der Stratege Bolanos erwähnt wird. Von diesem weiß man bereits aus anderen Quellen, dass er um 196 n.Chr. lebte. Außerdem gibt es eine Verwandtschaft mit einem anderen Text, der heute im belgischen Gent aufbewahrt wird und dessen Abfassung auch auf 196–198 n.Chr. in Theadelpheia datiert werden konnte. Bei dem anderen Stück handelt es sich ebenfalls um eine Liste von Pachtgenossenschaften. Dabei werden teilweise dieselben Leute wie im Berliner Stück erwähnt. Daher wird auch eine Verwandtschaft zwischen den Texten vermutet, wobei man davon ausgeht, dass es sich bei dem Berliner Stück um das Ältere von beiden handelt.

In der Liste werden 50 Pachtgenossenschaften mit den jeweiligen Mitgliedern aufgeführt. Außerdem wird die Größe des gepachteten Landes bei den einzelnen Genossenschaften ergänzt. Die Mitglieder werden hierbei allerdings nicht in alphabetischer Reihenfolge gelistet, was auf eine topographische Anordnung hindeutet. Das bedeutet, dass die Mitglieder vermutlich nach ihrem Wohnort sortiert waren. Die Anzahl der Mitglieder in den einzelnen Pachtgenossenschaften ist dabei von Fall zu Fall unterschiedlich. Am häufigsten sind es sieben Mitglieder; dies ist bei 28 der 50 aufgelisteten Pachtgenossenschaften der Fall. Die übrigen 22 Genossenschaften haben alle zwischen fünf und neun Mitglieder. Die Größe des gepachteten Landes variiert dagegen nicht so stark. In 41 Fällen wird exakt eine Fläche von 80 Aruren verpachtet; eine Arure entsprach damals 100×100 Königsellen. In den übrigen neun Fällen ist die Fläche immer etwas kleiner oder größer als 80 Aruren. Diese gleicht sich im Endeffekt allerdings so aus, dass sich insgesamt eine Fläche von ungefähr 4000 Aruren ergibt. Aus dem Text lässt sich allerdings nicht genau schließen, ob es sich um eine einzige große Fläche oder mehrere kleinere handelt. Dies ergibt sich daraus, da der Text nur in der 154. Zeile eine Ortsangabe macht und diese Zeile scheinbar nur lose mit dem Rest des Textes zusammenhängt.

Der Zweck des Stückes ist allerdings nicht ganz eindeutig, da es im Text selbst keine Angaben dazu gibt, wie viel Fläche jedem einzelnen Pächter zusteht. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Liste nur als Verzeichnis der Pachtgenossenschaften und ihrer Mitglieder angelegt wurde. Aus heutiger Sicht ist der Text dennoch sehr aufschlussreich. Da in der Liste nicht nur Bauern, sondern auch andere Berufe wie Fischer, Müller oder Hirte zu finden sind, bietet sie einen guten Einblick in die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des alten Ägyptens.

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Ein magisches Traumorakel

GEMF 30/PGM II (P. 5026)

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Sowohl in der Zeit des alten Ägyptens als auch in der Antike, spielten Traumerscheinungen eine wichtige Rolle. Nur in den Träumen konnte ein Toter einem Lebendigen direkt erscheinen. Darüber hinaus glaubte man, dass Träume die Zukunft vorhersagen konnten. Daher wurden oft Ritualzeremonien von Priestern durchgeführt, die aus Hymnen bzw. Aufrufen an einen oder mehreren Göttern bestanden, um ein Orakel erhalten zu können. Dazu musste man jedoch ganz genaue Anweisungen einhalten und nach einem bestimmten Prozess vorgehen. Diese Prozesse wurden in magischen Texten festgehalten. Ein solcher Text befindet sich in der Ausstellung des Neuen Museums in Berlin.

Der in griechischer Sprache verfasste Papyrus stammt aus dem späten 2. bzw. frühen 3. Jahrhundert n. Chr. und wurde wahrscheinlich in der am Nil liegenden Stadt Theben verfasst. Für die Berliner Sammlung kaufte 1857 Richard Lepsius den vorliegenden Text aus der Sammlung des griechischen Händlers Giovanni Anastasi in Paris. Der Papyrus bildet den Schlussteil eines magischen Handbuchs, welches ursprünglich die Form einer Rolle hatte. Ein weiteres Fragment dieses magischen Handbuchs befindet sich heute in der British Library in London. Es passt direkt an den Berliner Papyrus. Sein Text geht dem Berliner Text voraus. Offenbar wurde der einst zusammenhängende Papyrus zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem Verkauf auseinandergeschnitten.

Auf dem Berliner Papyrus haben sich vier Kolumnen erhalten. Während die ersten drei die gesamte Höhe des Papyrus ausnutzen, ist die vierte Kolumne deutlich kürzer. Sie enthält allerdings hauptsächlich die Zeichnung eines kopflosen Totengeistes (akephalos). Auch im restlichen Text sind kleinere Zeichnungen zu finden. Sie stehen teilweise direkt im Text, am Rand oder, wie im Falle des Skarabäus in der dritten Kolumne, unter dem Text. Diese Zeichnungen sind keine Illustrationen, sondern dienen als Vorlagen für magische Zeichnungen, die auf unterschiedliche Schriftträger gebracht werden sollen. Außerdem wurde die vierte Kolumne mit einer anderen Art von Tinte geschrieben als die restlichen drei Kolumnen. Der Grund dafür wird aktuell noch untersucht. Der Text auf dem Berliner Papyrus ist fast vollständig. In der ersten Kolumne fehlen in jeder Zeile wenige Buchstaben entlang eines Risses, der sich über die gesamte Höhe des Papyrus zieht.

Der vorliegende Text enthält eine Sammlung an Anweisungen, Hymnen und Gebeten, die offenbar als Anhang für die Beschreibung einer Zeremonie dienten, mit der im Schlaf ein Traumorakel vom Sonnengott Apollon-Helios-Harpokrates und vom Geist eines Menschen, der einen gewaltsamen Tod erleiden musste, erlangt werden sollte. Der Geist eines Toten mag zunächst verwundern. In der Traumdeutung wurden jedoch Toten und Göttern, die in einem Traum auftraten, fast die gleiche Bedeutung und Wichtigkeit gegeben. Die Macht eines Menschen steigerte sich nach seinem Tod ins Unermessliche und auch sein Wissen war fast unbegrenzt. Bei Menschen, die sehr jung, unvermählt oder gewaltsam gestorben sind, wurde vermutet, dass diese Toten sehr rachsüchtig und bösartiger waren. Konnte man jedoch einen gewaltsam Verstorbenen überzeugen, Hilfe in Form eines Orakels zu leisten, so kam diesem Orakel eine größere Bedeutung zu.

Im erhaltenen Teil des Textes werden zahlreiche Anweisungen zum Prozess des Traumorakels aufgezählt. So wird ein Rezept beschrieben, welches helfen soll, die im Traum gesagten Worte behalten zu können. Zuerst soll der Mund mit Weihrauch gereinigt werden. Dann soll eine Salbe aus Honig, der Krautpflanze Artemisia und einem Magnetstein aus dem Herz des Vogels Wiedehopfs auf die Lippen aufgetragen werden. Ein weiteres Rezept zum Erinnern des Traumes besteht aus Pflanzen wie Lorbeer, Kümmel und Nachtschatten, die mit Wasser vermengt werden sollen. Das Gemisch wird am Abend des Traumorakels in das rechte Ohr geträufelt. Zudem gibt es einige Anweisungen, die das Aufbringen von magischen Zeichnungen beinhalteten. Die Tinte, die für das Aufschreiben der Zauberworte benutzt wird, soll aus Myrrhe, Fünffingerkraut und Beifuß gewonnen werden. Selbst der Ort, an dem das Ritual stattfindet, muss entsprechend vorbereitet werden. Die Matte muss auf dem Boden unter dem freien Himmel liegen und der Ort soll mit Eselsmilch gereinigt werden. Vor dem Schlaf werden Opfergaben auf einen Altar erbracht. Während des Schlafes muss der Orakelsuchende auf seiner rechten Seite liegen und einen Lorbeerkranz in der rechten Hand halten, für dessen Herstellung ebenfalls Anweisungen gegeben werden.

Beim Betrachten des Papyrus fällt sofort die recht große Zeichnung eines kopflosen Totengeistes, griechisch akephalos genannt, auf. Er wurde im antiken Verständnis als eine Gestalt wahrgenommen, die weder das Gute noch das Böse repräsentierte. In anderen Kulturen wird er meistens als unheilbringend angesehen. Um den Totengeist herum sind magische Wörter, so genannte voces magicae, geschrieben worden, die den Zauber verstärken sollen. Auf seinem Körper sind die griechischen Vokale geschrieben worden, denen ebenfalls eine magische Bedeutung zukam. Diese Zeichnung sollte neben den Kopf des Schlafenden gelegt werden.

Im Prozess des Traumrituals sollen die Hymnen einen bestimmten Gott beschwören, in der Unterwelt den jeweiligen Toten, von dem der Orakelsuchende einen Teil der Kleidung oder des Körpers in der Hand hielt, aufzufinden und dessen Geist im Traum des Orakelsuchenden erscheinen zu lassen. Im Falle dieses magischen Textes wurden zwei Hymnen Apollon, dem Gott des Lichts und der Weisheit, und Helios, dem Sonnengott, gewidmet. Für die Begegnung mit den Göttern werden genaue Anweisungen und sogar Zwangsmittel gegeben. So wird der Gott zuerst gebeten, dem Orakelsuchenden eine Weissagung zu gestatten. Falls das Ritual scheitert, so wird es am nächsten Tag mit einer weiteren Opfergabe wiederholt. Bei jedem weiteren Fehlschlag wird eine weitere Opfergabe an den folgenden Tagen hinzugelegt, bis der Gott einen Toten aus der Unterwelt in den Traum des Orakelsuchenden hinaufschickt. Wenn nun der Schlafende dem Gott begegnet, dann soll er ihm die Opfergaben darbieten. Nun kann er mit der Totenseele reden. Wenn er alles erfahren hat, dann wird der Gott freigegeben und die letzten Zauberworte werden gesprochen. Nachdem der Orakelsuchende aufgewacht ist, teilte er seine Traumerscheinungen mit und wurde von speziellen Priestern beraten.

Auf diese Art und Weise wurden viele Orakeldeutungen erlangt, die oft die Geschichte der Antike an der einen oder der anderen Stelle beeinflusst haben. Dieser Text gibt uns somit einen Einblick in die antike Traumliteratur.

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Als Israel im Land der Ägypter war

P. 11766 + P. 14046

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Was passiert, wenn man sich dem Willen Gottes widersetzt, sollte der damalige Pharao schon bald auf nicht allzu angenehme Weise herausfinden. „Mit dem Stab in meiner Hand schlage ich auf das Wasser im Nil und es wird sich in Blut verwandeln.“ (Ex 7,17). Das sind die letzten Worte auf den fragmentarischen Blättern dieses Pergamentkodex, die Ausschnitte aus dem 2. Buch Mose (Exodus) des Alten Testaments in griechischer Sprache enthalten.

In diesem Abschnitt des Alten Testaments werden die Ereignisse vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten geschildert. Es geht um Konflikte zwischen den Israeliten und dem Pharao wie auch um die erste der zehn Plagen: die Verwandlung des Nilwassers in Blut. Als der Pharao Ägyptens die Israeliten versklavte und im Nil ertränken ließ, erwählte Gott (Jahwe) Moses, um sein Volk in das gelobte Land Kanaan im Bereich des heutigen Israel zu führen, „das Land, in dem Milch und Honig fließen“. Nachdem der Pharao die Israeliten nicht hatte ziehen lassen wollen, sandte Gott Moses aus, dem Pharao die erste der Plagen zu überbringen.

Das alles ist auf den Überresten dieses kleinen Pergamentkodex zu lesen, welcher vermutlich um das 4. Jh. n. Chr. entstand. In seiner Form glich dieser Kodex modernen Büchern. Er bestand aus mehreren Lagen von Doppelblättern, die aufeinandergelegt und gebunden wurden. Sie wurden auf beiden Seiten, der Haarseite und der Fleischseite, beschrieben. Doch wurden Kodizes nicht nur aus Pergament hergestellt. Aus der Antike haben sich auch einige Exemplare aus Papyrus erhalten.

Die von dem Kodex erhaltenen Seiten sind jeweils mit 12 Zeilen beschrieben worden, von denen nur wenige vollständig erhalten blieben. Der Text auf den einzelnen Blättern ist nicht fortlaufend. Zwischen ihnen fehlen einige Blätter, die sich nicht mehr erhalten haben. Der Miniaturkodex kann höchstens das Buch Exodus enthalten haben, das allein schon an die 400 Blatt dieses Formates füllen würde.

Die Geschichte, die im Buch Exodus des Alten Testaments berichtet wird, geht noch weiter. Als letzte der zehn von Jahwe gesandten Plagen verkündete Moses den Tod aller Erstgeborenen in Ägypten. Als der Pharao seinen Sohn an diese Letze Plage verloren hatte, gab er schließlich nach und ließ die Israeliten ziehen. Später aber verfolgte er sie, was für ihn und seine Soldaten tragisch endete. Moses hatte von Gott die Fähigkeit bekommen, sein Volk sicher auf die andere Seite des Roten Meeres zu führen. Er streckte die Hand aus und sogleich kam ein Wind auf, der das Wasser teilte, so dass die Israeliten auf trockenem Boden an den Wasserwänden vorüberziehen konnten. Als der Pharao ihnen jedoch folgen wollte, schloss sich das Meer wieder und vernichtete den Pharao mit seinem Heer.

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17995

P. 20986 B-E

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17994

P. 20982

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17993

P. 20969

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