BGU III 1568 (P. 8959)
Vor einem Kauf will man gern prüfen, was man kauft. So dachte man auch schon vor 2000 Jahren, wie dieser griechische Vertrag über zwei Esel zeigt. Interessanterweise ergibt sich dieser Umstand erst auf den zweiten Blick.
Der Papyrus kam 1894 in die Berliner Papyrussammlung und stammte vermutlich aus der Privatsammlung des Berliner Zeitungsverlegers und Geschäftsmanns Rudolf Mosse. Ursprünglich wurde das Objekt im Faijûm, einer Oase südwestlich von Kairo, gefunden. Aus dem Text erfahren wir Genaueres über seine Herkunft. In der dritten Zeile des Textes wird der Ort Soknopaiu Nesos, das heutige Dime, erwähnt, auch wenn der Papyrus an dieser Stelle stark beschädigt ist und der Ortsname daher nur sehr unvollständig erhalten ist. Die Herkunft des Textes kann also als sicher gelten. Dieses antike Dorf lag auf der Nordseite des Moeris-Sees im Faijûm und war für seinen großen Tempel des Krokodilgottes Soknopaios berühmt. Darüber hinaus beginnt der Text mit einer Datumsangabe, die in unser heutiges Datumssystem umgerechnet den 7. Februar des Jahres 33 n.Chr. ergibt.
Bei dem griechischen Text auf diesem Papyrus handelt es sich um einen Mietvertrag über eine weiße Eselin und ihr weißes Fohlen. Die Tiere gehören einem Stotoetis, Sohn des Horos, der sie an einen Phasis, Sohn des Satabus, vermietet. Die Mietdauer wird angegeben. Die Miete soll bis zum 28. August, also etwas mehr als sechs Monate andauern. Zudem wird vereinbart, dass Phasis monatlich 3 Drachmen für beide Tiere zu zahlen hat. Zudem soll er alle Kosten für den Unterhalt der Esel und die anfallenden Steuern zahlen. Dafür steht es dem Mieter frei, wofür er die Tiere nutzt.
Sowohl die Vertragspartner als auch der Vertragsgegenstand (die Tiere) werden beschrieben. Bei den Personen werden das Alter und äußerliche Besonderheiten angegeben, wie es in solchen Texten üblich ist. So erfahren wir über Stotoetis, dass er etwa 30 Jahre alt ist und eine Narbe an der rechten Hand hat. Über Phasis erfahren wir lediglich, dass er etwa 25 Jahre alt ist. Über die Tiere wird neben der weißen Fellfarbe vor allem betont, dass sie gesund, gut genährt und unbeschädigt sind. Zudem wird für die Eselin ein Wert von 120 Drachmen und für das Fohlen ein Wert von 48 Drachmen angegeben.
Diese Details über die Tiere werden in den Ausführungen über die Rückgabebedingungen wieder aufgegriffen. Der Mieter Phasis ist nämlich verpflichtet, beide Tiere nach Ablauf des Mietzeitraums gesund, gut genährt und unbeschädigt zurückzugeben oder den Wert beider Tiere in Geld zu bezahlen. Stotoetis hatte so die Sicherheit, dass er seine beiden Tiere oder ihren Wert in Geld bekommen würde.
Am Ende des Vertrages bestätigt ein Charimedon eigenhändig, dass der Vertrag gültig ist. Beide Vertragspartner unterzeichnen ebenfalls eigenhändig das Schriftstück, wobei jeweils der Vertragsinhalt bzw. die jeweiligen Verpflichtungen noch einmal zusammengefasst werden. Interessant ist dabei, dass Stotoetis nicht auf Griechisch, sondern auf Demotisch schriebt. Offenbar war er der griechischen Sprache nicht mächtig oder zumindest zweisprachig und bevorzugte das Demotische. Phasis dagegen unterzeichnet auf Griechisch.
Interessant ist nun ein kleines Detail in den Rückgabebedingungen dieses Mietvertrages. Während es auf den ersten Blick so erscheint, als ob vor allem sichergestellt werden sollte, dass Stotoetis seine Tiere bzw. einen Ersatz bekommt, sind diese Bedingungen auch so zu verstehen, dass der Mieter Phasis nach Ablauf des Mietzeitraum frei zwischen der korrekten Rückgabe und der Zahlung wählen kann. Er konnte somit beide Tiere über mehrere Monate nutzen und prüfen, ob er sie am Ende erwerben will. Der Mietzeitraum erscheint somit wie eine Probezeit.
Stotoetis ist auch aus anderen Texten bekannt. In einem vier Jahre älteren Text erwirbt er beispielsweise ein männliches Eselfohlen. Auch in diesem Text wurde er bereits als ein Mann im Alter von etwa 30 Jahren mit einer Narbe an der rechten Hand beschrieben.