BGU II 423 (P. 7950)
Dieser Brief eines Soldaten an seinen Vater ist etwas ganz Besonderes. Er wurde zwar in Ägypten gefunden, stammt aber ursprünglich aus Italien. Da in dem Text keine Datierung enthalten ist, lässt er sich nur aufgrund der Paläographie datieren, die ihn in das 2. Jh. n.Chr. setzt.
Das Papyrusblatt stammt aus der Privatsammlung des Berliner Verlegers und Geschäftsmanns Rudolf Mosse und kam 1894 in die Berliner Papyrussammlung. Es ist beidseitig beschrieben worden und enthält auf der Vorderseite den Brief und auf der Rückseite die Adresse.
Es handelt sich um einen Brief des Soldaten Apion an seinen Vater Epimachos in Philadelpheia in der Herakleidu Meris des Gaues Arsinoites im heutigen Faijum. Wir erfahren, dass Apion zur römischen Flotte eingezogen wurden war und seinen Dienst in Misenum im Golf von Neapel leistete. Nach seiner Ankunft in Italien schrieb er seinem im Arsinoites lebenden Vater diesen ersten Brief, der sich im trockenen Klima Ägyptens erhalten hat.
In Misenum befand sich in dieser Zeit der Hafen der stärksten römischen Kriegsflotte. Neben ihren militärischen Aufgaben, die vor allem im Schutz der Seewege bestanden, hatten die Marinesoldaten auch etliche zivile Aufgaben. So hatten sie beispielsweise in Neapel für die Bespannung des Kolosseums mit Sonnensegeln zu sorgen. Apion berichtet in diesem Brief, dass er ein Marschgeld von 3 Goldstücken bekommen hat, und fügt am Ende noch zwei wichtige Informationen für seinen Vater an, nämlich die Details, wie er zu erreichen sei. Als römischer Soldaten hat er nun auch einen lateinischen Namen bekommen und heißt Antonius Maximus. Das Schiff, auf dem er seinen Dienst versieht, hat den Namen Athenonike. Beide Informationen hatte er zwar schon durch einen gewissen Euktemon nach Hause geschickt, fügt sie hier aber sicherheitshalber noch einmal an und bittet seinen Vater, den lateinischen Namen zu benutzen, wenn er ihm antwortet.
Neben den Grüßen, die er an Familienmitglieder und Freunde übermittelt, sendet er auch Grüße von mindestens 4 weiteren Personen in die Heimat, die am linken Rand des Briefes hinzugefügt wurden. Apion ist also offenbar nicht allein in die Fremde gegangen. Zudem bittet er seinen Vater um einen Brief und bedankt sich bei ihm für die gute Erziehung, durch die er hofft, eine rasche Karriere zu machen. Außerdem berichtet er kurz von seiner Überfahrt nach Italien und erwähnt eine Gefahr auf dem Meer, vor der ihn der Gott Serapis beschützt hat. Leider gibt er keine weiteren Details.
Auf der Rückseite dieses Briefes befindet sich die schon erwähnte Adresse. Eigentlich sind es sogar zwei, die kopfüber zueinander geschrieben wurden. Die eine nennt den Empfänger und den Bestimmungsort des Schreibens, nämlich Epimachos, den Vater den Apion, in Philadelpheia. Die andere ist etwas ungewöhnlich: Aus ihr geht hervor, dass der Brief zunächst an einen Iulianus gehen soll, der Schreiber eine in Alexandreia stationierten Militäreinheit ist. Dieser soll das Schreiben dann an Epimachos weiterleiten. Es sieht so aus, als ob Apion für seinen Privatbrief die Militärpost genutzt hat, was verboten war. Da wir aber über den Schreiber Iulianus und den Vater Epimachos nicht mehr wissen, können wir nur spekulieren, warum die Benutzung der Militärpost trotz des Verbots möglich war. Vielleicht war Iulianus ein ehemaliger Kamerad des Epimachos, der als Veteran nun in Philadelpheia lebte.
Auch äußerlich weist dieser Brief einige Besonderheiten auf. Das Papyrusblatt war nach der Beschriftung mehrfach gefaltet worden. Das kann man noch an den regelmäßigen Brüchen im Papyrus sehen. Zusätzlich wurde dieser Brief aber offenbar auch verschnürt, wie die Reste der Kreuze auf der Rückseite beweisen. Diese wurden über die Verschnürung gezeichnet, um sichtbar zu machen, dass der Brief in der Zwischenzeit geöffnet worden war.