SB XII 10907 (P. 13308)
Für die Ausfuhr und Einfuhr von Waren zusätzliche Abgaben zu bezahlen, war zu keiner Zeit beliebt und ist es auch heute nicht. Doch handelt es sich bei den Zöllen neben den Steuern um wichtige Einnahmequellen des Staates. Einen kleinen Einblick in diesen Bereich gewährt uns eine auf Papyrus erhaltene Torzollquittung der Berliner Papyrussammlung.
Der Papyrus wurde während der Ausgrabungen von Friedrich Zucker in Dime im Winter 1909/1910 entdeckt und kam kurz darauf in die Berliner Papyrussammlung. Dime liegt in der Faijum-Oase in der Nähe des Qarun-Sees und ist Fundort vieler demotischer und griechischer Papyri. In der griechisch-römischen Antike war der Ort unter dem Soknopaiu Nesos bekannt. Das bedeutet „Insel des (Gottes) Soknopaios“. Soknopaios war der Hauptgott dieses Ortes. Zum ersten Mal erwähnt wird der Ort 240 v.Chr. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass der Ort auch schon davor existierte. Seine Blütezeit war im 1. und 2. Jh. n. Chr. Seit Beginn des 20. Jh. finden dort regelmäßig Ausgrabungen statt, seit 2001 läuft dort das Soknopaiu-Nesos-Projekt der Universität Salento (Lecce) in Italien.
Auf dem Papyrus haben sich der vollständige Text einer Torzollquittung für die Ausfuhr von Öl und der Rest einer Untersiegelung erhalten. Die Rückseite ist nicht beschriftet worden. In den sieben Zeilen des Textes folgen einem auch aus anderen Torzollquittungen bekannten festen Formular: zunächst wird der Ort der Zollstation genannt, an dem bezahlt wurde. Es handelt sich um Soknopaiu Nesos, wo der Papyrus knapp 2000 Jahre später auch gefunden wurde. Es folgt die Art des Zolls, der zu zahlen ist: der sogenannte 1/100 Zoll, bei dem 1% des Wertes der ausgeführten Waren zu entrichten war. Interessant ist, dass in diesem Dokument nicht gesagt wird, wie viel das genau ist. Danach wird der Name des Zahler genannt. Er heißt Papeis. Wie bei den meisten Personen, die in den Quittungen dieser Zeit genannt werden, ist auch von ihm leider nichts weiter bekannt. Danach wird angegeben, ob es sich um einen Import oder Export von Waren handelt. In Fall dieses Textes werden Waren exportiert, deren Art und Menge nun genauer benannt werden: es handelt sich um 1,5 Metretes Öl, die mit einem Esel transportiert werden. Die Maßeinheit Metretes wurde in der Antike für Flüssigkeiten benutzt. Die hier angegeben Menge entspricht knapp 60 Litern. Den Abschluss des Dokuments bildet die Datierung nach dem Regierungsjahr des herrschenden Kaisers. Sie entspricht in unserem heute verwendeten Datierungssystem dem 9. Dezember des Jahres 120 nach Christus.
Interessant an dieser Quittung ist auch der gut erhaltene Rest des Siegels. Das Siegel besteht aus dunklem Nilschlamm und ist nur noch unvollständig erhalten. Auf dem Siegel ist ein Kopf von der Seite zu sehen, der nach rechts gewendet ist. Am Hinterkopf ist deutlich ein Band seines Kranzes zu sehen, was auf einen Kaiser hindeutet, und vorne ein Teil seiner Nase. Bei der dargestellten Person handelt es sich um den römischen Kaiser Hadrian, der auch in der Datierungsformel des Textes genannt wird. Er regierte das Römische Reich zwischen 117 und 138 nach Christus. Links neben dem Kopf sind einige griechische Buchstaben zu erkennen, die sich zu dem griechischen Wort für „Jahr“ ergänzen lassen. Auf dem Siegel war also auch das Regierungsjahr angegeben worden, was auch im Text genannt wird. In der Berliner Papyrussammlung existiert eine zweite Torzollquittung von demselben Tag über die doppelte Menge Öl, die von einem Demas ausgeführt wurde. Auf der dort angebrachten Untersiegelung ist nichts mehr zu erkennen. Sie muss aber identisch mit dem Siegel auf diesem Text gewesen sein.
Dieser kleine und sehr unscheinbare Text mag allein nicht besonders interessant sein, auch wenn er schon zeigt, dass für die Ausfuhr von Waren aus dem Faijum ein Zoll zu zahlen war. Zusammen mit mehreren hundert weiteren Torzollquittungen, die in Soknopaiu Nesos gefunden wurden und aus der Zeit vom ersten bis zum Beginn des dritten Jahrhundert nach Christus stammen, ergibt sich aber ein Bild dieses Ortes als wichtigen Durchgangsort für Karawanen, die Waren aus dem Faijum durch die Wüste in die Oasen im Westen und sogar Alexandria und zurück transportierten. Außerdem war Öl offenbar ein wichtiges Exportgut des Faijum.