Veteranenliste

BGU II 610 (P. 7428)

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Texte in lateinischer Sprache sind auf den Papyri recht selten. Beispielhaft dafür ist dieser einseitig beschriebene Papyrus, der eine Liste von Veteranen einer Legion mit Namen und Rangbezeichnungen enthält. Der Text stammt möglicherweise aus dem Faijum, gehörte zur Sammlung des Ägyptologen Heinrich Brugsch und kam im Jahre 1891 in die Berliner Papyrussammlung.

Der Papyrus ist fast vollständig erhalten. Lediglich auf der rechten Seite ist er abgebrochen. Hier fehlen etliche Buchstaben. Der lateinische Text ist sorgfältig geschrieben und verläuft quer zur Faser. Alle Namen sind typisch römisch und in der üblichen Form angegeben, d.h. jeweils mit Praenomen, Nomen und Cognomen angegeben, wenn sie vollständig erhalten sind. Dabei wird das Praenomen immer abgekürzt, was in der Regel ein Punkt kennzeichnet.

Die Liste selbst ist nach einer Überschrift und einer Datierung in zwei Abschnitte geteilt. Innerhalb dieser Abschnitte versuchte der Schreiber, die Namen möglichst in Spalten untereinander zu schreiben. Am Ende der Liste ist ihm das aufgrund der deutlich längeren Namen nicht mehr gelungen.

Der erste Abschnitt enthält die höheren Dienstränge. Dabei sind den einzelnen Namen der römischen Bürger die jeweiligen Ränge beigefügt worden, die sie im Heer innehatten. Da diese Personen nun Veteranen sind, wurde jede Rangbezeichnung mit einem ex- versehen. Bei zwei Personen sind die Rangbezeichnungen am rechten Rand verloren gegangen. Von den anderen erfahren wir, dass ein M. Alfius Coma ein ehemaliger Signifer ist, d.h. er trug das Feldzeichen der Centurie (Hundertschaft) und war so ein wichtiger Orientierungspunkt während einer Schlacht. Üblicherweise wurden erfahrene Soldaten zu Signiferi ernannt, die sich durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet hatten. Neben dem Feldzeichen hob sich der Signifer von den anderen Legionären vor allem durch seinen speziellen Helm ab, der mit einer Maske verschlossen werden konnte und an dem Kopf und Fell eines Raubtieres befestigt waren.

Drei weitere Personen werden als ehemalige Imaginiferi bezeichnet, d.h. sie trugen die Kaiserbildnisse, die die Legionen neben den Feldzeichen mitführten. Für einen M. Antonius Gemellus wird angegeben, dass er ein ehemaliger Cornicularius ist. Seine Rangbezeichnung leitet sich von einem Orden mit zwei kleinen Hörnern ab, den er am Helm trug. Er war der Leiter der Schreibstube, der Verwalter seiner Centurie und kümmerte sich um das Archiv und ähnliche Dinge.

Der zweite Abschnitt enthält eine Liste der gemeinen Soldaten, über die neben ihrem Namen keine weiteren Angaben gemacht wurden.

Aufgrund der Datierung in der zweiten Zeile können wir diese Liste genau chronologisch einordnen. Da bei den Römern üblicherweise die amtierenden Konsuln namengebend für das laufende Jahr waren, wurde ihr Konsulat zum Datierungskriterium. So auch in diesem Text, in dem angegeben wird, dass der Imperator Antoninus zum dritten Mal Konsul war und dieses Amt gemeinsam mit M. Aurelius Verus innehatte. Das ist das Jahr 140 n.Chr. Antoninus ist der römische Kaiser Antoninus Pius, M. Aurelius Verus, sein späterer Nachfolger Mark Aurel.

Die Urkunde wurde in Alexandria geschrieben, wie wir aus der ersten Zeile erfahren, und stammt wohl aus der Schreibstube der legio III Cyrenaica oder legio XXII Deiotariana – beide Legionen waren zu dieser Zeit in Ägypten stationiert. Es dürfte sich bei diesem Text um eine Liste handeln, wie sie z.B. der Statthalter hatte, der die Veteranen im Namen des Kaisers nach Ableistung ihrer Dienstzeit ehrenhaft aus dem Militär entließ, bzw. wie sie für die Steuererhebung nötig war. Dieser Papyrus zeigt, wie genau im römischen Reich über die Bürger Buch geführt wurde.

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