BGU X 1994 = P.Zen.Pestm. 30 (P. 17487)
Wer trinkt schon gern verdorbenen Wein? Niemand. Und so ist es auch nicht besonders verwunderlich, wenn Ersatz für verdorbenen Wein gefordert wird, wie in diesem Geschäftsbrief eines Demetrios an einen Zenon aus dem 3. Jh. v.Chr., der im antiken Philadelpheia, dem heutigen Gharabet el-Gerza, in der Faijum-Oase gefunden wurde.
Zenon hatte offenbar Demetrios gebeten, aus den Einnahmen des übrig gebliebenen Weins 100 Drachmen an Antipatros zu geben. Demetrios erklärt nun in seinem Brief, dass er diesen Wunsch nicht erfüllen kann. Von den 8 Keramia Wein sind nämlich 3 Keramia schlecht geworden und lassen sich daher nicht mehr verkaufen. Zudem hätten Antipatros und ein Nikandros von diesem Wein gekostet. Demetrios bittet nun Zenon, ihm mehrere Keramia von dem duftenden Wein zu schicken. Dieser schien sehr beliebt zu sein. Demetrios berichtet nämlich, dass viele Leute vor Ort seien und nach diesem Wein gesucht hätten. Er hofft außerdem, bei dieser Gelegenheit auch den übrig gebliebenen Wein loszuwerden. Am Schluss berichtet er, dass er dem Zenon früher schon eine Abrechnung des Antipatros geschickt hatte, die sich nun in detaillierter Form bis zum 11. Mecheir (also vier Tage vor diesem Brief) auf insgesamt 190 Drachmen beläuft.
Obwohl am Ende des Briefes ein genaues Datum angegeben wird (der 15. Mecheir eines 6. Regierungsjahres), lässt sich nicht genau sagen, wann dieser Brief geschrieben wurde. Diese Datumsangabe kann in unserem heute verwendeten Datierungssystem entweder dem 5. April 242 v. Chr. oder dem 4. April 241 v. Chr. entsprechen. Der Grund dafür ist, dass in diesem Brief unklar bleibt, ob sich das Datum auf das griechische Finanzjahr oder auf das ägyptische Jahr bezieht.
Über die Personen, von denen Demetrios angibt, dass sie nach dem duftenden Wein gesucht hätten, berichtet er, dass sie zu diesem Ort gekommen sind, weil gerade die „Pachten“ verkauft werden. Dabei geht es nicht um Land, das gepachtet werden kann, sondern um Steuern und andere Abgaben, deren Einnahme verpachtet wurde. Diese Geschäftsabschlüsse sollen nun offenbar mit Wein gefeiert werden, weshalb Nachschub von Zenon erbeten wird.
Normalerweise kennen wir die Personen, die uns in den Papyrusbriefen begegnen, gar nicht oder wissen nur sehr wenig von ihnen. Zenon dagegen ist berühmt. Er wurde um 285 v Chr. in Kaunos geboren, eine antike Stadt im Südosten der Landschaft Karien in Kleinasien, welche er verließ, um eine Karriere in Ägypten zu verfolgen. Später wurde er Geschäftsvertreter und Privatsekretär des Finanzministers Apollonios und Manager von dessen Gut in Philadelpheia im Faijum. Von seinen Unterlagen sind mehrere Tausend Papyri erhalten geblieben und formen das berühmte Zenon-Archiv, dessen Papyri nun in vielen Papyrussammlungen der Welt zu finden sind.
Neben seinem Inhalt, der uns einen guten Einblick in den Alltag eines Geschäftsmannes der damaligen Zeit gewährt, zeigt dieser Brief weitere interessante Dinge. Der Text wurde auf der Rückseite kopfüber zur Vorderseite beendet, so dass das Ende des Textes und die Adresse untereinander stehen. Der Papyrus wurde zudem neun Mal gefaltet, so dass schließlich die Adresse außen sichtbar war. Spuren dieser Faltungen sind deutlich sichtbar. Auffällig ist auch, dass der Schreiber im Gegensatz zur ansonsten üblichen Vorgehensweise häufig die Wortgrenzen beachtet und seinen eigenen Text korrigiert, in dem er Fehler durchstreicht und Korrekturen über der Zeile ergänzt.