SB I 2639 (ÄM 11851)
Zwei Frauen, ein Bäcker und eine Mumie? Welches Verhältnis hatten sie zueinander? Wessen Mumie ist es? Der Text auf diesem ungewöhnlichen Holztäfelchen wirft viele Fragen auf, von denen nur wenige beantwortet werden können. Immerhin scheint es aber um den Transport einer Mumie zum Bestattungsort zu gehen. Dabei spielen zwei Frauen eine besondere, wenn auch unklare Rolle.
Es war ein antiker ägyptischer Brauch, Mumien mit einem kleinen hölzernen Schild zu versehen, das Auskunft über den Verstorbenen gab. Sie haben mindestens ein Loch, durch das eine Schnur zum Befestigen des Etiketts an der Mumie gezogen werden konnte. Einige Mumienschilder beinhalteten zudem sogar Frachtanweisungen für die Mumie, die Auskunft über Kosten, Absende- und Bestimmungsorte und Details des Transports gaben. Solche Holztäfelchen an Mumien anzubinden, ist eine Sitte, die spätestens ab dem 1. Jh. n. Chr. in Ägypten auftrat und auch in den folgenden Jahrhunderten üblich blieb.
Das hier vorgestellte Holztäfelchen gehört zu den frühesten Belegen dieser Texte und wird aufgrund der Paläographie in die Zeit des Übergangs von der Ptolemäischen Zeit zur Römischen Zeit datiert, d.h. in das 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr. Es wurde in der Nekropole von Achmim, dem antiken Panos Polis, gefunden und 1894 von Robert Forrer für die Berliner Sammlung erworben.
Dieses Holztäfelchen ist nur fragmentarisch erhalten. Oben fehlt vermutlich ein größeres Holzstück mit zwei bis drei Textzeilen. Auch am durchbohrten Henkel könnte ein Teil fehlen. Zudem ist das Griechisch des Textes sehr fehlerhaft. Daher lässt er sich nur schwer interpretieren. Der Text setzt mit der Angabe ein, dass etwas in die Hauptstadt des Panopolites, Panos Polis, gebracht werden soll. Was transportiert wird, hat sich im Text nicht erhalten, wurde aber wohl im fehlenden Teil desselben genannt. Lediglich aufgrund der äußeren Form des Täfelchens kann man mit einiger Sicherheit vermuten, dass es um eine Mumie ging. Der Name des Verstorbenen ist somit leider auch verloren. Danach wird eine Thatres genannt, die die Tochter des Thaesis ist. Über sie erfährt man, dass sie innerhalb der Stadtmauern zu finden ist. Ob die Mumie nun ihr übergeben werden soll, bleibt offen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, da sie direkt nach der Ortsangabe genannt wird. In den restlichen Zeilen werden weitere Anweisungen gegeben. Der Empfänger des Täfelchens soll beim Bäcker Melas fragen, wo Thermuthis wohnt, von der man erfährt, dass sie die Frau des Pagorasis. In der letzten Zeile wird er angehalten, sich zu beeilen.
Welche Verbindung zwischen diesen beiden Textteilen und damit auch zwischen den genannten Personen bestand, bleibt unklar. Alle genannten Personen sind nur aus diesem Text bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass Thatres und Thermuthis eine persönliche Beziehung zum Verstorbenen hatten, auch wenn nicht mehr ermittelt werden kann, welcher Art sie war. Insgesamt ist dieses Holztäfelchen somit wohl weniger als Mumienschild zu beschreiben, sondern eher als Mumienbegleitbrief.
Dieser Mumienbegleitbrief war in der Sonderausstellung „Achmim – Ägyptens vergessene Stadt“ zu sehen.