Mumienetikett eines Sklaven

SB I 1206 (ÄM 11826)

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Spätestens ab dem 1. Jh. n. Chr. war es in Ägypten Brauch, kleine Holzetiketten an Mumien anzubinden, die in Griechisch und/oder Demotisch beschriftet waren. Diese Sitte erfreute sich auch in den folgenden Jahrhunderten großer Beliebtheit. Hauptzweck der Mumienschilder war die Identifizierung der einbalsamierten Leichen. So nannten diese den Namen des Verstorbenen, häufig seine Filiation und eine Altersangabe. Einige Mumienschilder beinhalteten zudem Frachtanweisungen für die Mumie, die Auskunft über Kosten, Absende- und Bestimmungsorte und Details des Transports gaben. Bei demotischen Mumienschilder erscheinen außerdem religiöse Formeln, die auch auf Grabstelen zu finden sind, z. B. die Anrufung an die Ba-„Seele“, die dauerhaft lebendig sein möge. Die Mumienschilder stellten somit eine Art Ersatz für einen Grabstein dar, der für die meisten Menschen zu teuer gewesen wäre. Sie gehörten ausschließlich zu Verstorbenen der Unterschicht.

Dieses kleine Mumientäfelchen wurde 1894 von Robert Forrer für die Berliner Papyrussammlung erworben und stammt vermutlich aus dem antiken Panopolis, dem heutigen Achmim. Es besitzt auf der linken Seite die Form einer tabula ansata. Der Ansatz hat ein Loch, durch das eine Schnur zum Befestigen des Etiketts an der Mumie gezogen werden konnte. Auf der anderen Seite hat es dagegen einen geraden Abschluss. Das Mumienschild ist nur auf einer Seite beschriftet. Der Text wurde sehr sorgfältig mit Tinte geschrieben, ist aber schlecht erhalten. Die Schrift kommt einer Buchschrift sehr nahe und lässt sich in das 2.–3. Jh. n.Chr. datieren.

Wie für alle Mumienschilder üblich enthält der Text den Namen des Verstorbenen: Epaphrys. Der Name ist eine Kurzform von Epaphroditos. Er bedeutet, dass der Inhaber von der Liebesgöttin Aphrodite begünstigt ist. In der Antike sind es vor allem Sklaven bzw. Freigelassene, die diesen Namen tragen. So verwundert es dann auch nicht, wenn Epaphrys auf diesem Etikett explizit als Sklave eines Iulius Isidorus bezeichnet wird. Von diesem wird wiederum gesagt, dass er ein Philosoph sei. Solche Berufsbezeichnungen sind zwar durchaus auch auf anderen Mumienschildern zu finden, beziehen sich aber zumeist auf den Verstorbenen selbst und nicht auf andere genannte Personen. Ein Philosoph dieses Namens erscheint auch auf einem Leidener Mumienetikett (Inv. F 1942/12.15), wo festgelegt wird, dass die Mumie eines Sarapion, Sohn des Iulius Hilarion, zu ihm nach Panopolis gebracht werden soll. Auch wenn eine Namensgleichheit noch nicht für eine Gleichsetzung dieser beiden Personen mit dem Namen Iulius Isidorus ausreicht, so erhöht die identische Berufsbezeichnung zumindest die Wahrscheinlichkeit und lässt immerhin die Schlussfolgerung zu, dass Iulius Isidorus in Panopolis gelebt hat.

Interessant wird dann die Notiz am Ende des kurzen Textes auf dem Berliner Mumienschild. Hier wird bestimmt, dass die Mumie des Epaphrys nach Panopolis gebracht werden soll. Aus dieser Notiz wird man nun schließen können, dass Epaphrys nicht in Panopolis gestorben ist. Möglicherweise war er im Auftrag seines Herrn unterwegs und starb auf der Reise. Sein Leichnam musste nun wieder nach Panopolis zurückgebracht werden.

Dieses Mumienetikett eines Sklaven war in der Sonderausstellung „Achmim – Ägyptens vergessene Stadt“ zu sehen.

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