BGU III 718 (P. 7882)
„Klein aber fein“ – das könnte man wohl über diesen Papyrus sagen. Denn diese kleine und unscheinbare Steuerquittung hat einige Besonderheiten zu bieten, die erst beim genauen Hinsehen auffallen.
Der Papyrus wurde im Faijum gefunden, gehörte zur Sammlung des Ägyptologen Heinrich Brugsch und kam im Jahr 1891 in die Berliner Papyrussammlung. Er ist fast vollständig erhalten. Auf der Vorderseite, dem Rekto, haben sich sechs griechische Zeilen, von denen nur kleine Teile einzelner Buchstaben verloren sind, und ein Siegelabdruck darunter erhalten. Die Rückseite, das Verso, ist unbeschriftet.
Aus dem Text erfahren wir Genaueres über seine Herkunft. Er stammt aus Soknopaiu Nesos, wie wir in Zeile 4 lesen können. Dieses antike Dorf lag auf der Nordseite des Moeris-Sees im Faijum und war für seinen großen Tempel des Krokodilgottes Soknopaios berühmt. Darüber hinaus beginnt der Text mit einer Datumsangabe, die in unser heutiges Datumssystem umgerechnet den 25. März des Jahres 102 n.Chr. ergibt.
In dem Text wird einem Satabus, dem Sohn eines Nestnephis, bescheinigt, dass er die Abgabe für ein Opferkalb bezahlt hat. Über das Opfer wird weiterhin angegeben, dass es am 25. März stattfand. Diese Quittung ist also direkt für diesen Tag ausgestellt worden. Über das Opfertier erfahren wir nichts direkt. Die Bezeichnung der Steuer als „Abgabe für ein Opferkalb, dass dem genannten Datum in Soknopaiu Nesos geopfert wird“, mag zwar suggerieren, dass es sich um ein Kalb gehandelt hat, doch wird diese Bezeichnung für das Tier in anderen Texten auch für junge ausgewachsene Ochsen verwendet.
Über den Steuerzahler haben wir auch keine weiteren direkten Informationen. In diesem Text erfahren wir lediglich, dass Satabus der Sohn des Nestnephis ist und in Soknopaiu Nesos wohnt oder arbeitet. Ein Titel wird für ihn nicht angegeben. Aus vergleichbaren Texten, bei denen wir weitere Informationen über den Steuerzahler besitzen, lässt sich erkennen, dass der Steuerzahler dieser Abgabe für ein Opferkalb der Priester war, der das Opfer durchgeführt hat. Satabus bezahlt also die Steuer für ein Opferkalb, das er selbst geopfert hat. Der Grund für diese Abgabe liegt dann darin, dass der opfernde Priester von dem Tier, das er geschlachtet hat, Einnahmen bezogen hat, die somit besteuert wurden.
Über die Höhe dieser Zahlung wird nichts gesagt, woraus man vielleicht schließen kann, dass es wohl einen festgelegten Betrag gegeben hat, der zu entrichten war. Interessant ist, dass in allen bekannten Quittungen für diese Abgabe immer nur ein bestimmtes einmaliges Opfer besteuert wurde. Es wurde also nicht pauschal oder summarisch für ein ganzes Jahr bezahlt, sondern separat für jedes einzelne Opfer. In diesem Text wurde für das Opfer am 25. März 102 n.Chr. gezahlt.
Ist dieser Text somit inhaltlich schon sehr interessant, so hat auch äußerlich noch etwas zu bieten. Das Besondere an diesem Papyrus ist nämlich wohl der Siegelabdruck aus Ton, der unter dem Text auf dem Papyrus befestigt wurde. Dargestellt ist ein Krokodil mit dem Kopf eines Falken. Das ist die übliche Darstellung des Krokodilgottes Soknopaios, des Gottes von Soknopaiu Nesos. In diesem Fall steht er auf einer Schlange, die er besiegt hat. Der Text, die im Kreis um diese Darstellung zu lesen ist, enthält eine Jahresangabe in der damals üblichen Form: das fünfte Regierungsjahr des römischen Kaiser Trajan, wie es auch schon im Text genannt wurde. Offenbar haben wir hier den Abdruck eines amtlichen Stempels von Soknopaiu Nesos, der für dieses Jahr benutzt wurde.