Quittung eines Dolmetschers

UPZ II 227 (P. 1382)

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Quittungen wirken auf den ersten Blick monoton und sehen eher unbedeutend aus. Doch sie eröffnen uns einen wichtigen Einblick in den Lebensalltag vergangener Zeiten und führen nicht selten zu komplexen und soziokulturellen Fragen. Solch einen Fall stellt auch der hier vorzustellende Text dar.

Dieser einseitig beschriebene Papyrus enthält eine Quittung aus Theben in Oberägypten, die aufgrund der Datumsangabe in der letzten Zeile auf den 18. August 134 v. Chr. datiert ist. Der Papyrus gehörte ursprünglich zur Sammlung des griechischen Kaufmannes und Antikenhändlers Giovanni Anastasi und wurde 1857 in Paris von Richard Lepsius, damals Vizedirektor des Ägyptischen Museums in Berlin, angekauft.

In dem Text bestätigt ein Apollonios, dass er zwei Kupfertalente von einem Diogenes bekommen hat, der Beamter der königlichen Bank in Theben ist. Das klingt zunächst recht unspektakulär. Doch lässt schon die Auszahlung des Geldes durch einen Bankbeamten vermuten, dass es sich hier um eine offizielle Angelegenheit handeln könnte, auch wenn diese nicht explizit genannt wird. Einen Hinweis könnte aber die Berufsbezeichnung des Apollonios geben, die seinem Namen beigefügt wurde. Er ist nämlich der Dolmetscher der Trogodyten.

Über die Trogodyten geben uns die lateinischen und griechischen Quellen nur vage und sogar widersprüchliche Informationen. Da es sich um eine nomadische Bevölkerung handelt, es ist schwierig, sie geografisch genau zu verorten. In der Ptolemäischen Zeit kann ihr Gebiet allgemein in der arabischen Wüste an der Westküste des Roten Meers lokalisiert werden, insbesondere auch in dem Gebiet zwischen Ägypten und Äthiopien. Im Fall unseres Textes kann man wohl davon ausgehen, dass der Text sich auf die Trogodyten im Süden von Ägypten bezieht, da Apollonios sein Gehalt von der königlichen Bank im oberägyptischen Theben bezogen hat. Mit den Trogodyten hatten die Ptolemäer intensive Handelsbeziehungen, die wichtig für das Wirtschaftssystem des Landes waren. Sie ermöglichten die Einfuhr von Gewürzen und wertvollen Waren aus Arabien und Indien.

Für diese Trogodyten fungiert Apollonios nun als Dolmetscher. Da in dieser Quittung keine weitere Begründung für die Geldzahlung angegeben wurde, kann man wohl folgern, dass seine Tätigkeit als Dolmetscher für die Trogodyten der Grund für die Auszahlung der zwei Talente ist. Außerdem kann man annehmen, dass er für die Tätigkeit vom Staat angestellt war, da er direkt von der königlichen Bank bezahlt wurde.

Doch der Text enthält noch weitere interessante Informationen. Im zweiten Teil erklärt ein Ptolemaios, dass er die Quittung auf Bitten des Apollonios geschrieben hat, weil dieser nicht schreiben kann. Ähnliche Formulierungen finden sich recht häufig in den Texten aus dem griechisch-römischen und byzantinischen Ägypten. Doch hätte man sie bei einem Dolmetscher vielleicht nicht erwartet. Unklar bleibt nämlich, ob es sich bei Apollonios um einen Griechen, der die Sprache der Trogodyten beherrscht, oder um einen Trogodyten, der auch Griechisch spricht, oder eine Person anderer Abstammung handelt. Sein griechischer Name war auch unter Nichtgriechen zu verbreitet und beliebt, um weitere Schlussfolgerungen zu ermöglichen.

Immerhin erfahren wir aber noch etwas über den Kontext dieser Quittung. Ptolemaios, der für Apollonios geschrieben hat, bezeichnet sich selbst als Kommandant auswärtiger Truppenteile. In diesem militärischer Kontext ist dann auch Apollonios zu verorten, der vielleicht als Dolmetscher an einer Fahrt ins Land der Trogodyten teilgenommen hat.

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