Heiratsvertrag

BGU III 717 (P. 7976)

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„Geld oder Liebe?“ – Auch in der Antike zählte die Eheschließung zu den entscheidenden Ereignissen im menschlichen Leben. Mitunter wurden die Bedingungen der Ehe durch einen Ehevertrag geregelt. Ein markantes Beispiel eines solchen Dokuments ist der fragmentarisch auf Papyrus erhaltene Heiratsvertrag zwischen Ammonios und Iulia Terzia vom 15. Juli 149 n.Chr.

Gleich am Anfang wird die genaue Art des vorliegenden Dokuments genannt. Es handelt sich nämlich um die Kopie des Heiratsvertrags, der ursprünglich in zweifacher Ausfertigung vorlag. Am Ende des Dokument wird deutlich, zu welchem Zweck diese Kopie angefertigt wurde. Dort ist der Beginn des Antrags auf öffentliche Registrierung dieses Ehevertrages erhalten, wodurch die Urkunde eine verstärkte Rechtskraft bekam. Gültig war sie allerdings auch ohne diese Registrierung.

Interessant an diesem Heiratsvertrag zwischen Ammonios und Iulia Terzia ist, dass er zwischen dem Bräutigam und der Mutter der Braut geschlossen wurde. Das ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Eheverträge konnten zwar direkt zwischen Braut und Bräutigam geschlossen werden, doch wurden sie von ihren Vätern oder anderen männlichen Vormündern vertreten, wenn sie rechtlich nicht mündig waren. Für Iulia Terzia galt eine Ausnahme, die explizit im Vertrag genannt wird. Sie durfte nach römischer Sitte ohne Vormund handeln, weil sie offenbar drei oder mehr Kinder zur Welt gebracht hatte. Diese Regelung war von dem römischen Kaiser Augustus als Teil seiner umfassenden und strengen Familien- und Sittenpolitik eingeführt wurden.

In diesem Vertrag wird die Mitgift quittiert und der Unterhalt der Braut während der Ehe und die Rückgabe der Mitgift im Falle einer Scheidung geregelt. Für den Unterhalt der Braut hatte der zukünftige Ehemann gemäß seiner Möglichkeiten zu sorgen. Die Mutter der Braut sichert allerdings vertraglich eine jährliche Lieferung von 12 Artaben Weizen zu. Für die Rückgabe der Mitgift gelten die auch aus anderen Heiratsverträgen bekannten Bedingungen. Wertgegenstände sollen im Original zurückgegeben werden. Bei der Kleidung hat die Braut die Wahl zwischen der Kleidung und dem Schätzwert. Alles andere soll in dem Zustand zurückgegeben werden, in der es sich infolge des täglichen Gebrauchs befindet.

Vor allem wird dabei die Mitgift sehr detailliert aufgelistet. Dabei wird für einen Teil, der eigentlichen Mitgift, der exakte Wert von insgesamt 1100 Drachmen angegeben. Dieser Teil enthält zunächst vier verschiedene Kombinationen von Kleidung in weißer, purpurner und blau-grün-schillernder Farbe, die aus je zwei bis drei Einzelstücken bestehen und einen Wert von je 140 bis 400 Drachmen haben. Außerdem bringt die Braut 100 Silberdrachmen und Gold in Form von Schmuck, dessen genaues Gewicht nicht mehr erhalten ist. Der zweite Teil wird ohne Wertangabe aufgelistet. Er enthält weitere Kleidungsstücke (z.B. 5 Mäntel, einen Gürtel aus Wildeselleder), verschiedene Gegenstände (z.B. eine Aphrodite-Statuette, eine Lampe, verschiedene Gefäße, ein Kosmetikkästchen) und Möbel (z.B. Kisten, Körbe und Stühle).

Für die Gültigkeit einer Ehe war es nicht notwendig oder auch nur gebräuchlich, dass zwischen den zukünftigen Eheleuten (bzw. ihren rechtlichen Vertretern) ein Heiratsvertrag abgeschlossen werden musste. Nichtsdestotrotz sind aus dem griechisch-römischen Ägypten mehr als 100 Eheverträge überliefert, die nicht nur die Eheschließung belegen, sondern auch interessante Einblicke in verschiedene Aspekte des gemeinsamen Lebens gewähren.

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