Ciceros Verteidigung von Plancius

P. 13229 A+B

Scan

Ciceros Reden sind weltbekannt, doch nur die wenigsten sind mit Originalkopien vertraut – und fast niemand weiß, dass auch spätantike, ägyptische Abschriften seiner Texte existieren. Was sich hinter diesen eigenartigen und äußerst seltenen Fragmenten verbirgt, verrät der folgende Text.

Um die Gefahr, die vom Volkstribun P. Clodius Pulcher ausging, die öffentliche Ächtung und eine gerichtliche Verbannung aus seiner Heimat zu verhindern, verließ Cicero Rom im Jahre 58 v. Chr. und ließ sich in Thessaloniki nieder. Dort stand er unter dem Schutze des Quästors Cn. Plancius. Nachdem Plancius 55 v. Chr. zum kurulischen Ädil gewählt worden war, wurde er von M. Juventius Laternis – der die Wahl verloren hatte und seine Niederlage nicht verkraftete – angeklagt, Wahlbetrug und Amtserschleichung begangen zu haben. Als Dank für den Schutz, den Cicero von Plancius erhalten hatte, verteidigte er seinen engen Freund vor Gericht erfolgreich.

Die vorliegenden Pergamente, die in lateinischer Sprache verfasst sind, offenbaren zwei Kapitel der Rede des Cicero. Das elfte Kapitel (A, Seite 1 und 2) wird von Cicero genutzt um Plancius Werdegang, seine militärischen und politischen Stationen zu beschreiben, welche vortrefflichen Eigenschaften sein Mandat in seiner Karriere erlangt hat und, dass auch die Gesamtheit seiner Mitmenschen ihn respektiert und bewundert. Diese Zeilen stellen den Ädil außerordentlich positiv konnotiert dar. Das neunzehnte Kapitel (B, Seite 1 und 2) handelt von den Erfahrungen des Plancius und seiner Wirkung auf andere Bürger als leitende Person in der Gemeinschaft. Cicero resümiert, dass die erfolgreiche Wahl des Plancius nicht verwunderlich sei, da er bei seinen Landsleuten beliebt war.

Der klassische Archäologe und Lehrer Otto Rubensohn, der als Finder der aramäischen Elephantine-Papyri bekannt wurde, entdeckte vorliegende Pergamente bei einer Ausgrabung, die er im Auftrag des deutschen Papyruskartells durchführte, in Eschmunen, dem antiken Hermupolis, im Jahr 1905.

Die literarischen Fragmente stammen aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. und wurden von einem unbekannten Schreiber, dem eine gute Überlieferung des Originalwerkes vorlag, kopiert. Beide Pergamente sind beidseitig und mit Tinte beschriebene Codexblätter, die ein quadratisches Format von ca. fünfzehn mal fünfzehn Zentimetern haben und einen quadratischen Schriftspiegel aufweisen. Die vorliegende Kopie der Rede „Pro Plancio“ ist relativ gut erhalten. Fragment A fällt durch einen größeren fehlenden Teil in der Mitte des Pergamentblattes und mittelgroße Risse an den Rändern auf. Der Inhalt konnte deswegen nur durch andere verbliebene Abschriften der Rede rekonstruiert werden. Das Fragment B hingegen weist nur einzelne Bruchstellen sowie kleinere Löcher an textfreien Stellen auf.

Diese Kopien wurden höchstwahrscheinlich zu didaktischen Zwecken eingesetzt, da auch schon im spätantiken Ägypten Ciceros Rede als Beispiel römischer Hochkultur und exzellenter Rhetorik verwendet wurden.

Dadurch, dass die Reden des Cicero seit Jahrhunderten als Unterrichtsmaterial an humanistischen Gymnasien eingesetzt werden und deshalb noch immer Aktualität besitzen, lohnt ein Besuch in die ständige Ausstellung des Neuen Museums, wo auch diese Pergamente besichtigt werden können.

Dieser Beitrag wurde unter Stück des Monats abgelegt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Bitte hinterlassen Sie uns eine Nachricht:

* erforderlich

*